Dies ist ein älterer Blog-Beitrag (2017): Daher ist das Format nicht standardisiert, die Grundidee blieb gleich.

Ein Besuch beim Digital Urban Impact Lab in Bremen Gröpelingen, in dem ganz auf Stadtteil-Partizipation gesetzt wird.

Audio-Version des Artikels:

Ort der Stadtteil-Partizipation - Außenansicht auf das Digital Urban Impact Lab in Bremen
Außenansicht auf das Lab in Gröpelingen

Bunte Zettel hängen an der Wand des Digital Urban Impact Labs. Es soll ein griffigerer Name für das eigene Angebot gefunden werden, denn wer kann sich schon das englische Vier-Wort-Monster beim ersten Mal merken? Und wie es sich für einen Raum gehört, welches sich vorgenommen hat, partizipative Stadtteilentwicklung zu fördern, hat man daraus kurzerhand einen kleinen Brainstorming-Workshop mit Jugendlichen gemacht. Ergebnis sind Vorschläge von G-Lab bis zum Akrononym BUILD, dazwischen findet man auf ein paar Post-Its Gekritzeltes. „Einer der Jungs hatte weniger Lust mitzumachen“, schmunzelt Stephan Siegert.

Der studierte Kulturwissenschaftler ist der Ansprechpartner auf dem ersten Open Lab Day. Bevor ich in das Eckhaus in Gröpelingen schaute, erwartete ich ein buntes Treiben, in kleinen Grüppchen würden Teams an ihren Ideen arbeiten. Doch noch ist das Lab fast leer. Stephan freut sich, dass ich überhaupt Wind davon bekommen habe. Schließlich ist die Website erst seit rund zwei Wochen online, geöffnet hat das Lab seit Ende Mai. Ein paar Veranstaltungen fanden schon statt, aber man sucht noch die richtige Ansprache für Bewohner und Engagierte aus dem Stadtteil.

Bild von Stephan Siegert (M2C-Institut) im Digital Urban Impact Lab
Stephan Siegert und das M2C-Institut kümmern sich um das Lab

Ein bunter Stadtteil

Gröpelingen ist ungefähr Bremens Neukölln. Dieser Vergleich ist nicht aus der Luft gegriffen, man kann ihn an einer anderen Wand im Raum ablesen. Von den Zahlen her gibt es Ähnlichkeiten im Bereich der Arbeitslosigkeit und des Ausländeranteils. Bis Studenten den Kiez für sich entdecken werden, wird es noch etwas Zeit brauchen, schließlich ist Gröpelingen noch etwas weiter außerhalb des Stadtkerns als das benachbarte Walle. Manche BremerInnen kommen vielleicht nur einmal vorbei, um das riesige Einkaufszentrum Waterfront zu besuchen, samt Billig-Store Primark.

Damit Gröpelingen sich aber nicht selbst überlassen ist, gibt es eine Menge Einrichtungen vor Ort, die Community-Arbeit betreiben. Wohlfahrtsverbände, eine Stadtteilbibliothek, der Kulturverein kulturvorort, der mit PASDOCKS auch einen Raum in der Nähe anbietet, um Gründungsvorhaben zu unterstützen. Und eben das Digital Urban Impact Lab.

Der Anfang war ein Seecontainer auf dem Bahnhofsvorplatz

Die Idee dazu stammt aus dem Juni 2016. Das M2C – Institut für angewandte Medienforschung, an dem Stephan forscht, hat in der Nähe des Bremer Bahnhofs ein Übersee-Container in ein Public Urban Lab verwandelt und Interessierte konnten mitteilen, wie sie Bremen verändern wollen würden. Das Projekt belagerte den Vorplatz nur eine Woche. Doch es beeindruckte sowohl MacherInnen, als auch BesucherInnen noch länger. So entwickelte man Pläne für ein stationäres Labor der Partizipation.

Als dann der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr anfragte, ob man nicht so etwas wie am Bahnhof für Gröpelingen umsetzen könnte, holte man nur noch die Pläne aus der Schublade. Mit dem Deutschen Roten Kreuz vereinbarte man eine gemeinsame Nutzung der Räume und schon konnte man das Projekt angehen.

Digital und analog Hand in Hand

Im Moment steht das Lab am Anfang und birgt vor allem Potenzial zur Partizipation. Wenn jemand eine Projektidee hat, kann er oder sie ins Lab kommen und um Unterstützung bitten. Es werden auch Workshops für die Nutzung von Projektmanagementmethoden oder von digitalen Tools angeboten. Dabei achten die Betreiber auf Open Source Angebote, schließlich sollen BesucherInnen das Gelernte auch Zuhause anwenden können, ohne auf teure Software angewiesen sein zu müssen. So kann man zum Beispiel mit Betaville das Viertel mit Hilfe von 3D-Modellen umgestalten und dadurch Änderungswünsche verständlicher werden lassen.

Obwohl es das Wort Digital im Namen hat, müssen sich die Projekte aber nicht nur im Netz aufhalten. So haben vor kurzem ein paar Studierende Gefallen am Thema Urban Gardening gefunden, woraus das Projekt #GröpelingenBlüht entwuchs, das schon eine erfolgreiche Premiere feierte und nun verstetigt werden soll. Auf der neuen Website können noch weitere aktuelle Projekte gesichtet werden. Erst einmal für ein Jahr ist die Förderung angesetzt, dann wird eine Fortsetzung evaluiert. Gegen Ende September finden sich Sozialwisssenschaftler ein, welche die demographische Zusammensetzung des Viertels genauer unter die Lupe nehmen sollen.

Noch war wenig los auf dem Open Lab Day, doch es sollen andere Zeiten kommen

So erhält das Lab vielleicht auch wertvolle Hinweise, wie die BewohnerInnen für das neue Angebot begeistert werden können. Denn solch ein Freiraum lebt auch von der Lebendigkeit und der lokalen Inanspruchnahme, oder kurz: der Partizipation. Also sollte es auch heißen „Raus aus dem Labor!“ und rein in die Wirklichkeit der Menschen vor Ort, um den Mehrwert der Nutzung darstellen zu können. Doch das Knowhow und die Vernetzung mit städtischen und lokalen Institutionen scheint gegeben, der Stand auf dem nächsten Stadtteilfest gesichert. So kann das Digital Urban Impact Lab starten, vielleicht dann auch bald mit einem griffigeren Namen.

KORREKTUR: Im Text stand zunächst, dass die Wirtschaftsförderung nach einem neuen Projekt in Gröpelingen anfragte, es war aber der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr.

Digital Urban Impact Lab