In Bonn fand diese Tage das Nachhaltigkeitscamp 2017 statt. Zum zweiten Mal wurde dorthin eingeladen und ließ 150 TeilnehmerInnen Sessions zum Thema Nachhaltigkeit hören und miteinander ins Gespräch kommen. Mein Erfahrungsbericht.

Das Basecamp als Standort des Nachhaltigkeitscamp 2017

Der Veranstaltungsort war eigentlich eine Art Hostel. Im Basecamp, eine große Blechhalle, kann man normalerweise in ausrangierten Wohnmobilen oder Waggongs übernachten. Doch auch für Veranstaltungen ist die fotogene Halle geeignet, zumindest wenn man für die Akustik Lösungen findet. Schließlich liefen auf dem Nachhaltigkeitscamp sechs Sessions gleichzeitig ab, eines der Grundelemente eines Barcamps, und es gibt keine separaten Räume. Doch Mikrofon und Kopfhörer, am Ende der Veranstaltung schnell wieder abgeholt, da sie für eine Silent Party gebraucht wurden, erleichterten das konzentrierte Zuhören.

Barcamp ABC

Ein klassischer Zeitplan eines Barcamps

Grundsätzliche Regeln bei dieser Art von Unkonferenz: Jeder kann eine Session leiten, wenn sich genügend Interessierte zum Zuhören finden. Aber man kann auch jederzeit während eines Slots die Session wechseln (ja, Anglizismen, aber Sie machen mir die Arbeit leichter). Ansonsten stellt man sich am Anfang in der großen Runde mit drei Hashtags vor (meine waren beispielsweise #sozialeInnovationen #kollaborativeUnternehmen #libraryofthings), dann kommen die Leute auf die Bühne, die eine Session halten wollen und verlieren wenige Worte über ihr Vorhaben. Wenn es Interessierte gibt, geht man zur Sessionplanung und klebt sein Schild entsprechend der Raumgröße und der notwendigen Technik an die passende Stelle.

Die Sessions

Automatisch verpasst man leider manch spannende Sessions, das ist die traurige Kehrseite der parallelen Ansetzung auf dem Nachhaltigkeitscamp. Das kann ängerlich sein, wenn man hört, dass die Session, bei der man mit Abwesenheit glänzte, die Beste des Tages war. Glücklicherweise hatte ich nur einmal in den sauren Apfel beißen müssen und da hatte ich mich auch schon vorher mit der Referentin ausgetauscht. Ansonsten war wirklich jede gehörte Session eine Freude:

  • Regionalwert AG Rheinland: Bürger kaufen Aktien und helfen damit Landwirten über die Runden zu kommen und nachhaltigere Impulse zu setzen.
  • Dinge besser nutzen: Meine Session, in der ich aktuelle Projekte vorgestellt habe, wie man Dinge gemeinschaftlich intensiver nutzen kann.
Ich bei meiner Session auf dem Nachhaltigkeitscamp
Ich, gestikulierend. Bild von Ulrich Kindermann (@quermitdenker)
  • RENN West: Mit einer Vertreterin von der westlichen Regionalen Netzstelle Nachhaltigkeitsstrategie wurde diskutiert, wie man Wirtschaft, Wissenschaft und NGOs besser sichtbar machen und vernetzen kann. Hier lohnt es sich mal als Paradebeispiel das Konzept des Marktplatzes für Gute Geschäfte
  • Vairnana: Eine App von zwei jungen Gründern, die vor Ort zeigen soll, welche nachhaltigeren Geschäfte es gibt. Im Gegensatz zu anderen Lösungen gibt es hier diverse Filtermöglichkeiten.
  • Partizipative Führung / Soziokratie: Nils und Stefan von unternehmen-lerneffekt.de wollen die Soziokratie in Deutschland groß werden lassen. In einer kleiner Runde haben wir praktisch ausprobiert, wie wir Entscheidungen im Konsens lösen können, ohne dass wir uns verzetteln oder der Prozess zu viel Zeit verschlingt. Das Ziel: Nicht nach der perfekten Lösung suchen, sondern nach der, die jeder mittragen kann.

Fazit

Ich muss sagen, dass die Veranstaltung wirklich großen Mehrwert für mich hatte. Nicht nur durch die Sessions und deren Inhalte, auch durch die Atmosphäre auf Augenhöhe (jeder wird geduzt), das gute Essen und die Gespräche abseits der Workshops oder Vorträge. So habe ich Georg kennengelernt, der schon seit einem Jahr in seinem Podcast „Helden und Visionäre“ Social EntrepreneurInnen interviewt und der mir gute Tipps geben konnte. Oder das ich nach der Veranstaltung per Zufall einen CarlaCargo-Anhänger fürs Fahrrad ausprobieren konnte, von dem ich erst die Woche davor erfahren habe.

Als Anregung für das hoffentlich auch 2018 wieder stattfindende Nachhaltigkeitscamp (die 20 € Teilnehmergebühren sollen nicht einmal ganz zur Verpflegung gereicht haben, der Rest war private Sponsoren oder öffentliche Förderung, unter anderem durch Engagement Global), kann ich vor allem zwei Punkte nennen:

Die Sessionplanung verlief diesmal etwas unfair. Wer zuerst seine Ideen vorstellen konnte, hatte schon fast einen guten Platz auf der Tafel sicher. Da würde ich vielleicht erst einmal sammeln und die Interessierten notieren. Dann kann man Raumgrößen besser zuteilen und ggf. Clustern.

Bei der Feedback-Runde wurde vom Moderator negiert, dass eine Art Anwesenheitsliste zusammen mit kurzen Protokollen der Sessions und Hashtags der TeilnehmerInnen möglich wäre. Dabei fand ja schon im Vorfeld eine Excel-Tabelle Beachtung, in der man sich als Session-InteressierteR outen konnte. Diese Liste würde sich prima erweitern um die Hashtags, anwesenden Organisationen und Interessen der TeilnehmerInnen.

Aber es sei noch einmal gesagt: Bonn war eine Wucht (nicht nur das Basecamp, sondern auch der Tag danach! Ich kann wieder inspiriert in den Norden fahren. Bei Twitter gibt es unter #ncbn17 weitere Impressionen zu beäugen.


Zum Weiterlesen:

Mein Erfahrungsbericht bei der Organisation der NachDenkstatt 2016 in Oldenburg und vom Besuch der Z2X16 in Berlin.

Nachhaltigkeitscamp 2017 in Bonn
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2 Gedanken zu „Nachhaltigkeitscamp 2017 in Bonn

  • 13. Juni 2017 um 19:25
    Permalink

    Hallo Fabian, danke für dein Feedback! Es freut mich, dass du was mitnehmen konntest und dass es dir insgesamt gefallen hat. Zu zwei Punkten möchte ich gerne Stellung beziehen.

    Die Sessionplanung verlief diesmal etwas unfair. Wer zuerst seine Ideen vorstellen konnte, hatte schon fast einen guten Platz auf der Tafel sicher. Da würde ich vielleicht erst einmal sammeln und die Interessierten notieren. Dann kann man Raumgrößen besser zuteilen und ggf. Clustern.

    Barcamps funktionieren (leider) so: Es gibt so viele Sessions wie Raum zur Verfügung steht. Teilnehmende bestimmen selbst, wie der Tag gestaltet wird. Würden wir als Moderatoren/Organisatoren in die Sessionplanung eingreifen, geht die Augenhöhe verloren. (Abgesehen vom Zeitaufwand, den eine nachgelagerte Abstimmungs- und Verteilungsphase erfordern würde.)

    Trotz des großen Andrangs haben wir aber alle Sessions untergebracht, kein Sessiongeber ist zu kurz gekommen. Das war das Schöne, das Barcamps ausmacht: Die Teilnehmenden haben sich dann einfach organisiert, haben sich ihren Raum gesucht und ihre Session woanders gehalten.

    Bei der Feedback-Runde wurde vom Moderator negiert, dass eine Art Anwesenheitsliste zusammen mit kurzen Protokollen der Sessions und Hashtags der TeilnehmerInnen möglich wäre.

    Tut mir leid, wenn ich mich da unglücklich ausgedrückt haben sollte. Möglich ist eine Anwesenheitsliste natürlich, aber wir müssten das vorher organisieren, abfragen, auf den Datenschutz achten. Können wir das nächste Mal machen, wir haben sogar schon Lösungen diskutiert. Aber auch hier: Das können Teilnehmende auch spontan und ohne uns organisieren, wenn das gewünscht wird. 😉

    Protokolle werden bei Barcamps normalerweise nicht angelegt, das ist sehr personalintensiv. Aber durch Social Media wird schon viel mitgeschrieben und ansonsten sammeln wir alles, was uns zur Verfügung gestellt oder in Blogs veröffentlich wird, auf unserer Website: https://www.nachhaltigkeitscamp-bonn.de/

    Ich freue mich, wenn du mal wieder ein Barcamp besuchst, am liebsten natürlich eines von uns. 😉 Und deine Ideen sind gut, wir werden da auf jeden Fall ansetzen können. Vielen Dank!

    Antworten
  • Pingback: Nachhaltige Eindrücke – Rückblicke auf das NachhaltigkeitsCamp Bonn 2017 - NachhaltigkeitsCamp Bonn #ncbn17

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