Unternehmenstransparenz – Was ist das eigentlich?
Ist es schon erledigt, wenn Unternehmen einen Geschäftsbericht herausbringen und einen Twitter-Account haben? Auf dieser Seite sollen die Grundlagen geklärt werden. Was gibt es für unterschiedliche Arten von Transparenz? Woher kommt der Gedanke? Was sagt die Wissenschaft dazu?
Begriffe:
Transparenz:
Es gibt unzählige Definitionen zu diesem Begriff, ich halte es mit Brad Rawlins (2008):
Transparenz ist der absichtliche Versuch alle veröffentlichbare Informationen – seien sie positiv oder negativ – so zur Verfügung zu stellen, dass sie durch ihre korrekte, zeitnahe, ausgewogene und eindeutige Art die Reflektionsfähigkeit der Öffentlichkeit und die Rechenschaftsfähigkeit von Organisationen für ihre Verhaltensweisen und Politik zu erleichtern.
(Orig.: Transparency is the deliberate attempt to make available all legally releasable information – whether positive or negative in nature – in a manner that is accurate, timely, balanced and unequivocal, for the purpose of enhancing the reasoning ability of publics and holding organizations accountable for their actions, policies and practices)
Transparentwashing: Ein von mir gewählter Begriff, um Kommunikationsstrategien zu beschreiben, welche entwerder per Informationsflut (information overload), Informationsmanipulation oder anderen absichtlich gewählten Methoden Transparenz ausnutzen, um von negativen Aspekten ihres wirtschafltichen Handelns abzulenken.
Externe Transparenz:
Alle Aspekte, die dazu führen, dass externe Stakeholder wirtschaftliche Handlungen des Unternehmens verstehen. Dies kann die Offenlegung der internen Transparenzmaßnahmen bedeuten oder darin beginnen, auf Webseiten oder durch Social-Media-Kanäle über das aktuelle Geschehen zu schreiben. Weitere fortgeschrittene Maßnahmen sind Kollaborationsseiten mit Kunden, Fehler- oder Kritikseiten, Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsdaten, Frage-Antwort-Module auf der eigenen Website, multimediale Darstellung von Arbeitsabläufen oder Lieferketten.
Interne Transparenz:
Sämtliche Maßnahmen, die dazu führen, dass Mitarbeiter*innen Entscheidungen im Unternehmen verstehen. Dies kann beispielsweise durch die Offenlegung von Gehältern, von Arbeitsabläufen und -wissen, offene Vorschlags- und Feedbacksysteme oder eine offene Unternehmenskultur geschehen.
Unterwachung / Sousveillance / Watching:
Der Begriff der Unterwachung meint eher das Beobachten politischer Akteure durch Bürger (z.B. Abgeordnetenwatch). Auf Unternehmen bezogen würde ich diesen Begriff als Nutzung sämtlicher Möglichkeiten verstehen, unternehmerische Handlungen zu dokumentieren und Wirtschaftspersonen zur Rechenschaft aufzufordern (z.B. Managerfragen oder Wikirate). Es entsteht ein kollektives Konsumentengedächtnis.
Entstehungsgeschichte:
Gesetze / Richtlinien zur Erhöhung der nicht-finanziellen Unternehmenstransparenz:
-
Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten: Seit 10.3.17 hat auch Deutschland ein CSR Gesetz. Es gibt vor, dass für das Land relevante große Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte berichten müssen. Hier gibt es einen Blick auf letzte Änderungen, das Gesamtwerk folgt, wenn vorhanden. Es ist die Umsetzung der Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments, die sogenannte CSR-Richtlinie. So um die 530 Unternehmen sind davon betroffen.
- UK Modern Slavery Act: Unternehmen mit Umsatz von mehr als 36 Millionen Pfund und Aktivitäten in Großbritannien müssen Information veröffentlichen, wie sie gegen Menschenhandel und Zwangsarbeit in der Lieferkette umgehen (erste Erkenntnisse)
- California Transparency in Supply Chains Act: Zielt auf Unternehmen ab 100 Millionen $, welche in Kalifornien ihren Hauptsitz haben oder dort Geschäfte machen. Hier eine behördliche Informationsseite, dort eine ältere Liste, die aufzeigt, was für Unternehmen dieses Gesetz befolgen müssen. Die Seite KnowTheChain unterstützt den Umsetzungsprozess.
- Französisches Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflicht (Loi relative au devoir de vigilance des socieiteis meires et des entreprises donneuses d’ordre): Verpflichtet große französische Unternehmen dazu, Menschenrechts- und Umweltrisiken zu identifizieren darüber berichten. Bei Nichtbeachtung Strafen von bis zu 1o Mio. Euro. Beinhaltet auch abhängige Tochtergesellschaften und unabhängige Zuliefererbetriebe mit etablierten Geschäftsbeziehungen (Quelle).
Zahlen / Statistiken:
- 72 % der Deutschen ist es wichtig, dass die Bank vollständig und transparent darüber berichtet, wie das Geld der Bank und der Kunden verwendet wird (Quelle: Triodos Bank 2016, forsa Institut, 1013 mit computergestützten telefonischen Interviews)
Belletristik:
- Eggers, Dave (2014): Der Circle. Kiepenheuer & Witsch.
Best-of-Theorie:
- Akzeptanz durch Transparenz? (Ebert et al. 2015)
- Corporate Dynamic Transparency (Vaccaro 2006)
- Corporate Transparency (Tapscott 2003)
- Glashaus-Axiom (Klenk & Hanke [Hrsg.] 2009)
- Organizational Transparency (Rawlins 2008)
- Rebuilding Stakeholder Trust in Business (Bandsuch et al. 2008)
- Third Generation Transparency Systems (Fung et al. 2007)
- Transparenzmanagement (Meyer 2010)
Ausführliche wissenschaftliche Quellen:
Nun eine Liste an wissenschaftliche Quellen, die ich auch für meine erste Abschlussarbeit verwendet habe. Noch sind die nur nach Nachnamen sortiert. Teilweise sind sie im PR-Bereich, teilweise auch anknüpfend an Begriffe wie Vertrauen, Reputation, CSR und Accounting. Aber hauptsächlich geht es um Unternehmenstransparenz oder Corporate Transparency. Ich habe die Quellen, die ich besonders spannend fand, fett markiert.
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