Mein Bericht von der Z2X. Für TeilnehmerInnen und Wissende bietet es sich an, die ersten Abschnitte zu überspringen.

fabian-lasse auf z2x

Da war sie also, die Z2X. Diese ZEIT-Millennials-Veranstaltung, für die sich wochenlange Vorfreude in mir aufgebaut hat. Am Samstagmorgen – natürlich mussten sich einige Referenten und Referentinnen lauthals über die frühe Stunde wundern – trafen sich mehr als 500 Menschen im 2X Alter und sprachen vielleicht auch über die Probleme, konzentrierten sich aber auf die Lösungen des Welttreibens.

Dafür standen drei Formate bereit: In den Blitzlichtern hatten Vortragende fünf Minuten Zeit ihre Ideen zu präsentieren, danach wurden sie unsanft per Fettes Brot Einspieler aus der Tonspur gejagt. Hier gab es große Qualitätsschwankungen, die Juso-Vorsitzende Johanna Ueckermann scheiterte wohl ebenso wie eine HR-Frau aus dem Hause Telefonica. Im Kopf blieben die Perspektive von Christiane Link, die über ihre Erfahrung im Rollstuhl erzählte („Man ist nicht behindert. Man wird behindert gemacht.“), mit René Kieselhorst einen jungen Klimakonferenz-erprobten Mann und Patrick Stegemann, der sich charmant über das Katergefühl der Sharing-Economy ausließ.

Am Ende auch hier: ein Wettbewerb

Im zweiten Format „Frag mich Alles“ standen Menschen mit interessanter Geschichte (Flucht aus Syrien) oder spannender Tätigkeit (Köln spricht, N Klub) bereit von den anderen Teilnehmern gelöchert zu werden. Zuvor vielleicht einen kurzen Blick auf dem Flur des Veranstaltungsorts Radialsystem V geteilt, sah man die Menschen dann aus einem ganz anderen Blickwinkel wieder.

Z2X Boot

Zuletzt dann die Workshops, in denen an konkreten Fragen gearbeitet wurde. Eine Kampagne für ein globales Grundeinkommen, die Suche nach einem Mentor fürs Leben, das Anwenden von Design Thinking für ein Restaurantbesuch, ein Konzept für einen Communityspace. Vor allem aus diesem Bereich wurde dann von einer ZEIT-Jury 10 Konzepte ausgewählt. Diese wurden gegen Ende noch einmal kurz präsentiert und zur Abstimmung unter den Teilnehmern freigegeben. Die Gewinner waren Jugend Rettet e.V. (Seenothilfe von Geflüchteten), einer kostenlosen Interrail-Idee um sich ab 18 Jahren mehr von Europa mitzubekommen und Köln Spricht, ein Festival der Demokratie. Auf sie wartet nun eine tatkräftige Begleitung von Zeit Online, um deren Ideen bekannter zu machen.

Wunschliste für das nächste Mal

Fast mit den Schlussworten offenbarte der Zeit Online Chefredakteur Jochen Wegner, das es wohl auch 2017 ein Z2X geben wird. Und meiner Meinung nach ist dies ein Gewinn in der deutschen Konferenzenszene. Denn klar, es kommen auch auf anderen Veranstaltungen interessante Leute zusammen. Auch in Berlin waren vor allem die Gespräche zwischen den offiziellen Slots oftmals eine große Bereicherung.
Der Vorteil an der Z2X ist jedoch, dass mit Zeit Online ein starker Organisator dahinter steht. So konnten allein für fünf minütige Blitzlichter so illustre Gestalten wie Ronja von Rönnie oder die sympathische Orna Donath präsentiert werden. Und auf dem Gelände konnten EU-Abgeordnete, Berliner Youtube-Koryphäen, ehemalige politische Piratengeschäftsführer gesichtet werden. ZEIT-Gott Giovanni die Lorenzo fragte mich, ob das da die Herrentoilette sei, verdammt noch mal! Großartig waren auch die Moderationen von Jochen Wegner und besonders Maria Exner, die es verstand zielgruppengerecht durch die Tage zu geleiten, Übergänge zu schaffen und nur ab und zu eine Schleimspur für die Teilnehmer zu hinterlassen.

Die Ansprache und das Design waren modern und eine Abstimmung mit Tischtennisbällen habe ich live auch noch nicht erlebt. Auch allzu kritische Sponsoren hatten sie sich nicht ausgesucht (Telefonica, Techniker Krankenkasse, Neuland, Lemonaid, FluxFM), außer ominösen Gutscheinen für Uber-Taxis. Der Zeitplan war okay, genügend lange Slots mit guter Abwechslung. Aber auch die Bandbreite an Themen wurde im Vorhinein schön balanciert. So konnte locker leicht über Sex, Bio-Hacking, utopische Magazine, Datenschutz in der EU und Segregation geredet werden (Programm zum Nachlesen).

Z2X Außenareal

Die Vielfalt an Themen hatte aber auch einen nicht zu umgehenden Nachteil. Denn das gesamte Programm musste an eineinviertel Tagen über die Bühne gehen. So verpasste man zwangsweise gute Alternativslots. Eventuell wird hier aus den Reihen der Studierenden zumindest teilweise eine Lösung angeboten. Ein Booklet mit den Inhalten der einzelnen Sessions soll erstellt werden. Den Räumlichkeiten verschuldet war der Umstand, dass es in den Workshops & Co doch recht laut werden konnte. Teilweise zwei, sogar drei Gruppen in einem Raum haben Einfluss auf die Belastung des Trommelfells. Gerade bei interaktiven Formaten wurde das schnell störend. Auch so etwas wie einen Raum der Stille zur Erholung hat gefehlt.

Relativ leicht ändern können die Organisatoren andere Kritikpunkte. An manchen Stellen lobten die Moderatoren doch etwas zu sehr ihre eigene Konferenz und was die Teilnehmer erreichen, ein bisschen mehr Bodenständigkeit und Realitätssinn hätte hier gut getan. Klar gab es inspirierende Ergebnisse, aber ein „Woodstock der Generation Z“ war es nun auch wieder nicht. Übrigens weder ansatzweise in der historischen Bedeutung (wie wird der langfristige Impact sein?), noch in der Altersgruppe (wohl eher Generation Y). Seltsam erschien es mir, dass vor allem für die Blitzlichter auf Menschen fernab der 2X  zurückgegriffen wurde. Haben sich so wenige TeilnehmerInnen dafür gemeldet? Musste dann auch Telefonica als Sponsor einen Vortrag halten dürfen? Vielleicht kann ja auch die Vergabe der Blitzlichter-Startplätze im Vorhinein per Voting entschieden werden.

Mit und nicht über Menschen reden

Z2X Workshop

Starke Stimmen hätte es sicherlich auch dann gegeben. Neben kleineren Mäkel wie die nicht konsequente Umsetzung des „Blind Date“-Gedankens (jeder fragt jeweils eine andere Person zu ihren Zielen und Träumen aus) und unklarer Materialbereitstellung (mehr Programme hätten gut getan, oder wenigstens schnell abrufbar per QR-Code), gab es jedoch noch einen großen Kritikpunkt. Zwar vom Geschlecht her ausgeglichen, waren wohl 95% weiß, körperlich nicht beeinträchtigt und gut gebildet. Vielleicht sind das eben die ZEIT-Leser, aber man muss dennoch den Vorwurf äußern, dass daraus eine Perspektiven-Bubble entsteht. Das wird schon allein nach außen hin passieren, wie ich schon in zahlreichen ZEIT Online-Kommentaren lesen durfte. So wurde wieder viel über Andere geredet, aber nicht mit ihnen.

Aber es wäre ja auch langweilig, wenn es für das nächste Jahr kein Verbesserungsspielraum gäbe. Ich muss wohl immer noch einige Eindrücke und hastig ins Smartphone geschriebene Notizfetzen verarbeiten, aber liebe Z2X: Es war mir ein Vergnügen!

 

Woodstock mit Abstrichen
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